Abgasskandal: Warten auf Sammelklage gegen Mercedes ist noch keine Option

/ 19.01.2019 / / 6.334

3 Millionen Mercedes-Diesel der Schadstoffklassen 5 und 6 werden aufgrund zu schlechter Abgaswerte von Mercedes zurückgerufen. Viele warten auf die Sammelklage gegen Mercedes. Die Daimler AG kommt mit dem Rückruf auch einer drohenden Aufforderung durch das Kraftfahrtbundesamt zuvor. Mittlerweile gibt es auch kartellrechtliche Untersuchungen und natürlich sind die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen. Das Landgericht Stuttgart hat dem Autobauer in drei verbraucherfreundlichen Urteilen die Verwendung einer unzulässigen Abschaltvorrichtung zur Last gelegt

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Seit Mitte Juli stand fest: Bundesverkehrsminister Dobrindt ermittelte gegen Mercedes. Der Stuttgarter Autobauer soll über zehn Jahre hinweg die den Schadstoff regelnde Software manipuliert haben. Sollte sich der Verdacht erhärten, dann dürften auch Mercedes-Modelle der betroffenen Motorisierung zurückgerufen werden. Durch die Neukonfiguration der Software und eventuell anstehenen Teiletausch kann in Bezug auf Leistungsfähigkeit, Verbrauch und Laufzeit ein deutlicher Mangel entstehen, der Besitzer juristisch (Kaufrecht) in die Situation bringt, den Wagen zurückgeben und den Kaufvertrag rückabwickeln zu können. Bei älteren Modellen kommt die Betrugshaftung des Herstellers in Betracht.

Betroffen sind europaweit alle Modelle der Schadstoffklassen 5 und 6.

Mit dem angekündigten Rückruf von drei Millionen Mercedes-Diesel-PKW klettert der Abgasskandal auf die nächste Stufe – am Ende des Weges steht vermutlich das „Aus“ für den Diesel – jeder, der heute noch etwas anderes voraussieht oder den Selbstzünderl gar für eine favorisierende Evolutionsstufe auf dem Weg zum sauberen Individualverkehr hält, verkennt das Szenario, das sich aktuell in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt als Schlechtwetterfront gegen die Technologie zusammenbraut. Aus Sicht vieler Experten ist das technische Problem, dem sich die Konstrukteure von Volkswagen, Posche, Audi, Mercedes und BMW zu stellen haben, grundsätzlich nicht zu lösen.

Der Grund: In Deutschland zulässige Maßnahmen zum sogenannten Bauteileschutz wurden von der Diesel-Industrie zunehmend vereinnahmt, um zu gewährleisten, dass Abgasrückführung und Abgasreinigung zwar funktionieren, im Alltags oder Hochleistungsbetrieb aber abgeschaltet werden. Offiziell zum Schutz der Bauteile, in Wirklichkeit aber, weil permanente Abgasreinigung und/oder kontrollierte Rückführung außerhalb des “Thermischen Fensters” nicht ohne gewaltige Investitionen in die Entwicklung neuer Technologie und aufwändige Umrüstung der betroffen Modelle möglich scheint.

Das so genannte „Thermische Fenster“ definiert den Umgebungsrahmen, in dem Abgasreinigung oder Verbrennung durch Rückführung vorbildlich funktioniert. Bis zu einer bestimmten Temperatur – die im standardisierten Testbetrieb nicht überschritten wird – funktioniert z. B. Harnstoffeinspritzung mittels AdBlue-Technologie einwandfrei und geforderte Stickoxid-Grenzwerte werden nicht überschritten. Wird diese Temperatur aber überschritten oder unterschritten, z.B. beim Lauf kalter Motoren, im Stadtverkehr, im Stau, unter Last oder bei schneller Autobahnfahrt – dann schaltet die Elektronik den Umweltschutz und die Sparsamkeit ab – ganz offiziell sogar und zwar um Bauteile vor Überhitzung zu bewahren.

Welche Modelle sind betroffen?

Grundsätzlich geht es um Modelle des seit 2009 verbauten Motors OM 651, die im Rahmen des BlueTec-Projektes mit AGR (Abgasrückführung) oder SCR-Nachbehandlung (Harnstoff-Einspritzung) ausgerüstet wurden, um insbesondere die Stickoxid-Belastung unterhalb der geforderten Grenzwerte zu bringen. Sind die Fahrzeuge jünger als zwei Jahre (2-jährige Gewährleistung), so bestehen kaufrechtlich relevante Ansprüche an den Händler, darüber hinaus muss der Produzent der Motoren zur Rechenschaft gezogen werden.

Was ist nun passiert?

Beim Diesel der Schadstoffklassen 5 und 6 geht es in der aktuellen Diskussion grundsätzlich nicht um Feinstaub. Diese „Umwelthürde“ können die OM 651-Motoren durch den obligatorischen Partikelfilter nehmen und daher weiter freie Fahrt in den deutschen Umweltzentren genießen. Der Abgasskandal – und mittendrin die „großen 5“ Mercedes, Audi, Porsche, Volkswagen und BMW – dreht sich im Stickoxyde, die im Selbstzünder-Betrieb deutlich intensiver entstehen, als bei normalen Verbrennungsmotoren. Experten wissen: Eigentlich dürften insbesondere die mit 5 klassifizierten Motoren aller deutschen Hersteller aktuell nicht in die Innenstädte hinein. Dazu ist der Stickoxid-Ausstoß viel zu hoch.

Das Kraftfahrbundesamt, das Ministerium mit Verkehrsminister Dobrindt und auch die Strafermittlungsbehörden haben bislang durch Aufforderungen und Razzien Druck aufgebaut und dabei auf die Selbstheilungskräfte der deutschen Autoindustrie gehofft. Alle Beteiligten sollten zu angeblich freiwilligen Rückrufaktionen bewegt werden.

An diesem Punkt ist es für die Besitzer von Dieselfahrzeugen auch völlig egal, aus welchen Gründen ärgerliche Dinge geschehen. Hier zählt nur das Ergebnis – und das bedeutet nach vorsichtiger Schätzung einen so genannten „merkantilen Verlust“ von mindestens 20 % des aktuellen Gebrauchtwagenpreises Diesel sind schon jetzt schwer zu verkaufen und der weiter steigende Wertverlust ist von den Autokäufern nicht zu verantworten. Diese waren bei ihren Kaufentscheidungen den Werbeversprechen unterlegen und haben Entscheidungen pro Diesel auch aufgrund der gesetzlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen gekauft.

Diesel stand für Langlebigkeit, solide Leistung, sparsamen Verbrauch, subventionierten Treibstoff und hohe Wiederverkaufswerte insbesondere bei Motoren mit hoher Laufleistung – das ist schon jetzt Automobil-Historie und nah dran, als größte Lüge der deutschen Wirtschaftsgeschichte entlarvt zu werden.

Ein durchschnittlicher Mercedes mit einem Listen-Gebrauchtwagenpreis wird schon heute nicht mehr zu den aktuellen Werten der gängigen Preisermittlungslisten verkauft werden können und je mehr sich die Schlaufe um den Hals der Diesel-Technologie zuzieht, je schwieriger wird es werden, einen Diesel für gutes Geld verkaufen zu können.

Was bleibt Fahrzeugbesitzern zu tun? Im Kaufrecht erfahrene Rechtsanwälte wie Gerrit W. Hartung aus Mönchengladbach empfehlen, insbesondere bei relativ jungen Dieseln schnell zu handelt und den Wagen beim Händler zurückzugeben. Zahlreiche Gerichtsurteile haben schon die Rücknahmepflicht von Händlern eindeutig definiert und bei älteren Fahrzeugen die Verantwortlichkeit der Hersteller für eine Fahrzeugrücknahme festgestellt. Hartung: „Mercedes verkauft sie aktuelle Rückführung als Dienst am Kunden, als Service für mehr Umweltschutz, weniger Verbrauch und höhere Leistung – dabei geht es nur um die Verhinderung des Imageschadens, falls eine Rückrufaktion offiziell vom Kraftfahrtbundesamt angeordnet werden würde.“

Der aktuelle Verdacht, die „Großen 5“ hätten durch kartellrechtlich zu beanstandene Absprachen Verbrauchern geschadet, eröffnet für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen weitere Möglichkeiten, die Betroffene zeitnah mit einem engagierten Rechtsanwalt besprechen sollten.

Rechtliche Beurteilung

Gleich ob eine kaufrechtliche Abwicklung im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung, ein Schadensersatz aufgrund einer Minderung des merkantilen Wertes bei älteren gebrauchtfahrzeugen, oder bei Schadensersatzansprüchen aufgrund kartellrechtlicher Vergehen: Autobesitzern sollte es in erster Linie darum gehen, Schadensersatz durchzusetzen und das Auto unter Anrechnung einer möglichst geringen Anrechnung des gewonnenen Nutzens wieder zurückgeben zu können, um dem anstehenden Wertverlust entgegen zu treten.

Die Mängelbeschreibung

Die Mängelbeschreibung ist eindeutig: Mercedes hat unter Vorhaltung falscher Werbeaussagen ein Versprechen in Bezug auf Langlebigkeit, Leistungsfähigkeit, Preisstabilität, niedrigem Verbrauch und Umweltfreundlichkeit gegeben. Da viele Mercedes-Käufer aufgrund dieser Werbeaussagen die Wahl „Mercedes“ getroffen haben, kann der Vertrag kaufrechtlich widerrufen werden, da durch die nicht eingetretenen Vorteile nun ein Mangel entstanden ist. Der technisch entstehende Mangel bezieht sich auf Veränderungen an der aktuellen Steuerung durch die Software. Da Mercedes angibt, Abgasrückführung und Harnstoff-Einblasung würden bei höheren Temperaturen die damit befassten Bauteile angreifen, ergibt sich bei einer Veränderung der Software zwangsläufig eine negative Entwicklung in Bezug auf Leistung und Lebensdauer der im Einzelfall sehr hochpreisigen Fahrzeuge.

Rechtsanwalt Dr. Hartung empfiehlt insbesondere bei Fahrzeugen, die nicht älter als 2 Jahre sind, sehr schnell Kontakt zum Händler aufzunehmen und ihn zur Rücknahme des Fahrzeugs im Rahmen seiner gesetzlichen und im Kaufrecht begründeten Gewährleistungspflicht aufzufordern. Für Fahrzeuge, die knapp vor Ablauf der Gewährleistung stehen, sollten Frist verlängernde Maßnahmen ergriffen werden.

Wer ist Ansprechpartner?

“Für alle bislang von uns geprüften Fälle können wir definitiv die Daimler AG als zuständig für Ansprüche definieren. Anders als z.B. bei Volkswagen, ist die Daimler AG in aller Regel selbst Vertragspartner der Mercedes-Käufer.”

Im Einzelfall ist Eile geboten – Die Gewährleistung

Neuwagen stehen zwei Jahre lang unter dem Schutz der gesetzlichen Gewährleistungspflicht des verkaufenden Vertragspartners. Tauchen in dieser Zeit Mängel auf und können diese nicht behoben werden, dann kann die Sache – also das Auto – zurückgegeben werden. Nach Ablauf der Gewährleistung solte eine Rückgabe immer noch möglich sein, dann aber auf Basis anderer juristischer Möglichkeiten. Autobesitzer, deren PKW kurz vor Ablauf der Gewährleistung stehen, sollten schnell mit fristverlängernden Maßnahmen reagieren. Rechtsanwalt Dr. Hartung:”Fristverlängerung kann nicht durch einen formlosen Briefverkehr zwischen den Vertragspartnern erreicht werden!”

Sammelklage gegen Mercedes

Mit Stimme der Verbraucherzentralen werden aktuell Rufe nach einem Sammelklage-Verfahren laut. Derzeit gibt es solche Verfahren nur im Kapitalanlage-Recht. Da das Verfahren zur Installation einer Sammelklage-Möglichkeit unbestimmt und langwierig ist, dürfen Mercedes-Besitzer zwar hoffen, aber nicht sicher sein, über diesen Weg mittelfristig an ihr Ziel zu kommen.

Hier mehr erfahren: Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung zum Abgasskandal

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Kommentare / Anzahl der Kommentare: bisher 1
Kategorien: Abgasskandal Schlagwörter:

Ein Kommentar zu “Abgasskandal: Warten auf Sammelklage gegen Mercedes ist noch keine Option”

  1. Selimovic Besim sagt:

    Ich fahre Mercedes R classe 350 und Motor OM 642 ist blockiert und festgeblieben.Ich stehe mit meine vier Kinder und Frau..Nach der Reparatur ist neue softwehr rein und nach zwei Tage ist Motor wieder kaput gegangen

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