Vermögensabgabe / Lastenausgleich – Reiche sollen für Corona-Schäden und Energiewende aufkommen

/ 19.04.2022 / / 1.577

Ein Staat finanziert sich aus Steuern – da ist es nicht unabwegig, dass sich die Politik und der Fiskus in Corona-Zeiten fragen, wer denn am Ende die durch die Pandemie nachhaltig in den Staatshaushalt gerissenen Löcher wieder stopft. Und dann noch die Energiewende? Wer soll das alles bezahlen? Die Vermögensabgabe im Rahmen eines gesetzlichen Lastenausgleichs wird diskutiert und es scheint konkret zu werden: Auch – und besonders – Reiche sollen für die Corona-Schäden und die Umsetzung der Energiewende aufkommen. Juristisch hat das Land Erfahrung damit: Ein Lastenverteilungsgesetz gab in der Nachkriegszeit die Möglichkeiten vor, bei den “Reichen” zu kassieren, aber ob das in diesen Zeiten alles noch so verfassungsgemäß ist, wird von vielen Experten bezweifelt. Auch die “Qualität” der Krise wird nicht von allen gleich bewertet.

Dr. Sebastian Korts

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Rechtsanwalt Dr. Sebastian Korts - MBA, M.I.Tax - ist Fachanwalt für Steuerrecht sowie für Handels- und Gesellschaftsrecht und Geschäftsführer der Korts Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Köln und spezialisiert auf Themen rund um internationales Steuerstrafrecht. Zudem istr Dr. Korts Autor verschiedener Fachbücher zum Aktienrecht.

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Aus steuerlicher Sicht gibt es für die Finanzierung der Corona-Schäden und der Energiewende zwei Ansätze – zum einen die Refinanzierung der Corona-Schäden und anstehende Zukunftsinvestitionen über Konsum: Kaufanreize schaffen und Einkommensteuer senken, damit Wende und  Krise am Ende durch die Umsatzsteuer finanziert wird.


Aber auch ein zweiter Ansatz wird diskutiert: Die sogenannte Vermögensabgabe. Diese würde in Form einer einmaligen Zahlung an vermögende Staatsbürger berechnet werden. Abgeführt werden sollen etwa 10 % des Vermögens.

Dass es zu einer Vermögensbesteuerung kommt, ist für Expertensicher, denn neben diversen Stimmen aus der Politik hat sich das DIW für einen kreativen Umgang mit Aufschlägen zur Einkommen und Kapitalertragssteuer ausgesprochen und eine einmalige Abgabe von 10 Prozent auf das Vermögen der obersten Prozents der Steuerpflichtigen empfohlen. Die Summe müsste dann über 10 oder 20 Jahre an das Finanzamt abgeführt werden, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, das inhaltlich die Grundlagen für Entscheidungen im Bundestag aufbereitet.

Der Corona-Solidaritätszuschlag

Der aktuell z.B. vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages angedachte Corona-Soli soll dem aktuellen Solidaritatszuschlag als Aufschlag auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer entsprechen. Der gesamte Soli könnte sich damit auf 13 % der festgesetzten Steuer erhöhen. Allerdings: Nur die oberen 10 % der in Deutschland Einkommensteuerpflichtigen müssten diese Abgabe leisten. Der große Teil der Einkommensempfänger würde unterhalb der Freigrenze bleiben. Das gleiche Szenario wäre auch für die Finanzierung der energiewende denkbar.

Die Co2-Abgabe

Im Bereich der Energiewende scheint sich die Co2-Abgabe als Finanzierer anstehender Maßnahmen und zur Abfederung der Folgen für den Verbraucher in der aktuellen Diskussion durchzusetzen.

Einmalige Vermögensabgabe

Zurück zu Corona: Teil 2 des DIW-Planes betriffft eine einmalige Berechnung einer Abgabe in Höhe von 10% eines persönlichen Vermögens oder des Vermögens einer Körperschaft. Die berechnete Summe müsste innerhalb von 10 oder 20 Jahren abbezahlt werden. Betroffen wären nur die Reichen und Superreichen mit einem Netto-Vermögen von mehr als 2,5 Millionen Euro – 99 % aller Steuerpflichtigen würde dies nicht treffen. Die Steuer ist als Stichtagssteuer ausgelegt und würde sich durch Änderung der Vermögensverhältnisse nicht ändern.

Interessant dabei:  Es könnten nicht nur Personen, sondern auch Kapitalgesellschaften wie GmbHs und AGs besteuert werden, wobei Sorge getragen werden muss, dass in Deutschland zu verortendem Vermögen nicht durch Auslandssitze die Möglichkeit zur Steuerflucht gegeben wird.

Alles recht kompliziert und vor allem verfassungsrechtlich höchst strittig, auch wenn das Grundgesetz in Art. 106, Abs. 1, Nr, 5 ausdrücklich die Möglichkeit eines gesetzlich geforderten Lastenausgleichs vorsieht.

Schon jetzt gibt es Fragestellungen mit verfassungsrechtlicher Relevanz, denn die finanzielle Notlage, die das Grundgesetz fordert, ist aktuell nicht gegeben – auch die Zweckgebundenheit dürfte schwierig umzusetzen sein.

 

Auf die Verfassungsgerichtsbarkeit wird noch einiges an Arbeit zu kommen, damit das alles wirklich rechtlich wasserdicht ist. Bis dahin ist zu erwarten, dass auf die deutschen Finanzbehörden Unmengen an Arbeit in Form von Widersprüchen gegen Steuerbescheide zukommen.

 

Geschichte des Lastenausgleichs

Um einen neuerlichen Lastenausgleich erfolgreich in der deutschen Gesetzgebung zu verankern ist es notwenig, die Krise im historischen Kontext als so gravierend darzustellen, dass es nach wirklich außergewöhnlichen Mitteln verlangt. Lastenausgleiche wurden den finanziell besser Gestellten bislang nur 3 mal abverlangt.

1913 zur Finanzierung des 1. Weltkrieges, 1919 zur Linderung der gröbsten Nachkriegsnot und 1952 als Pool zur Finanzierung der Ansprüche der Flüchtlinge durch Besitzverlust im Osten.

Verfassungsrechtler bezweifeln, ob die Corona-Krise und die sich eigentlich selbst finanzierende Energiewende da mithalten können. Sicher ist die Pandemie eine Krise, aber genauso sicher ist, dass nach Lockerung der Schutzmaßnahmen die Wirtschaft mit mehr oder weniger Wucht auch wieder anlaufen wird. Ebenso sicher ist es, dass durch eine Abkehr von fossilen Energieträgern der Energiepreis für den Verbraucher nicht zwangsläufig steigt.

Zuletzt war ein Lastenausgleich 2009 im Rahmen der Weltwirtschaftskrise diskutiert worden und an eben diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen gescheitert.

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