BGH fällt zweites Swap-Urteil: Sparkasse empfahl Cross-Currency-Swap

/ 24.05.2017 / / 64

Am 09.12.2014 findet vor dem XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe eine mündliche Verhandlung in einem „Swap-Verfahren“ statt. Der Kunde einer Sparkasse macht Schadensersatzansprüche aus der Empfehlung eines sog. Cross-Currency-Swaps geltend, den er nach der Beratung durch die Sparkasse mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) abgeschlossen hatte. Diese mündliche Verhandlung und anschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird mit Spannung erwartet. Es handelt sich erst um die zweite Entscheidung des Bundesgerichtshofs, obwohl es seit der ersten Entscheidung vom 22.03.2011 Hunderte weitere Fälle vor den Land- und Oberlandesgerichten gegeben hat. Insbesondere die teilweise sehr hohen Schäden im zweistelligen Millionenbereich auf kommunaler Ebene hatten für Aufmerksamkeit gesorgt.

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1. Historie
Am 22.03.2011 verurteilte der Bundesgerichtshof die Deutsche Bank zum Schadensersatz gegenüber der Firma Ille. Die vorinstanzlichen Urteile waren von Dr. Jochen Weck erstritten worden.

Grundlage dieses Urteils war der sog. Spread-Ladder-Swap der Deutschen Bank, mit dem Hunderte Kunden teilweise horrende Verluste erlitten und die Deutsche Bank dementsprechend Gewinne auf dem Rücken der Kunden erwirtschaftet hatte. Die Richter des Bundesgerichtshofs attestierten der Deutschen Bank seinerzeit einen schwerwiegenden Interessenkonflikt. Die Deutsche Bank sei als Berater der Kunden verpflichtet, deren Interesse zu wahren. Unter Verletzung dieser Pflicht habe sie die Swaps bewusst zulasten der Kunden und zu ihren eigenen Gunsten strukturiert, ohne den Kunden dies offenzulegen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof hatte der Rechtsanwalt von einer „zweiten Finanzkrise“ gewarnt, falls der Senat zu einer Verurteilung kommen sollte. Doch weder die rechtlichen Argumente, noch dieses Drohszenario konnte seinerzeit eine Verurteilung der Deutschen Bank zum Schadensersatz verhindern. Schließlich gab es nach dem Swap-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 dann auch keine zweite Finanzkrise.

In der Folgezeit gab es Hunderte weiterer Verfahren gegen zahlreiche Banken, die dem Spread-Ladder-Swap vergleichbare Produkte strukturiert und an ihre Kunden verkauft hatten. Die Rechtsanwälte der beklagten Banken versuchten einerseits das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 als eine Einzelfallentscheidung darzustellen. Andererseits verhinderten sie durch ihre Prozessstrategie weitere Urteile des Bundesgerichtshofs. So wurde im Falle eines Unterliegens vor einem Oberlandesgericht entweder keine Revision eingelegt oder im Falle eines Obsiegens der jeweilige Kläger durch ein großzügiges Vergleichsangebot dazu bewegt, seine Revision zum Bundesgerichtshof zurückzunehmen.

Damit wurden eine Weiterentwicklung der Swap-Rechtsprechung und damit eine gebotene Rechtsfortbildung verhindert.

2. Rechtsfortbildung erforderlich
Nun kommt es am 09.12.2014 zu der selbst vom XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs „ersehnten“ mündlichen Verhandlung zu einem sog. Cross-Currency-Swap. Diese mündliche Verhandlung und anschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte weitere Klarheit zu verschiedenen Rechtsfragen bringen. Insbesondere folgende Punkte erscheinen klärungsbedürftig:

  • 1.Sind die Feststellungen aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 auch auf Swap-Produkte anderer Banken übertragbar? Insbesondere auch auf Swaps nicht nur mit Zins-, sondern auch mit Währungskomponenten (Cross-Currency)?
  • 2. Hängt die Intensität der Aufklärung von der Komplexität einer Berechnungsformel ab?
  • 3. Stellt der (bisher aufklärungspflichtige) anfängliche negative Marktwert nur eine – grundsätzlich nicht offenzulegende – Gewinnmarge der beratenden Bank dar?
  • 4. Kann der aus der Gestaltung durch die Bank resultierende schwerwiegende Interessenkonflikt auch anders als über die Nennung des anfänglichen negativen Marktwerts offengelegt werden?
  • 5. Genügt möglicherweise ein Hinweis der Bank, sie verdiene eine Marge beim Abschluss des Swapgeschäfts?
  • 6. Wie ist der unterschiedliche Risikocharakter der Swaps (teilweise begrenztes, teilweise unbegrenztes Verlustrisiko) bei der Beratung zu berücksichtigen?
  • 7. Wie sind Vorkenntnisse des Kunden aus vorangegangenen Swapgeschäften zu beurteilen?
  • 8. Stellt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 eine neue und insofern überraschende Aufklärungspflicht dar mit der Folge, dass sich eine beratende Bank im Hinblick auf diese aufgestellte Pflicht auf einen sog. Rechtsirrtum berufen kann?
  • 9. Wie gestaltet sich die Aufklärungspflicht einer Sparkasse, wenn sie nicht selbst Vertragspartner wird, sondern die das Produkt gestaltende Bank?

Ob das zu erwartende Urteil sämtliche dieser Rechtsfragen aufgreift oder möglicherweise noch darüber hinausgehende Rechtsfragen klärt, bleibt abzuwarten. Da das Urteil vom 22.03.2011 bereits weitgehende Auswirkungen hinterlassen hat, dürfte auch die jetzt anstehende Rechtsfortbildung durch den Bundesgerichtshof auf größtes Interesse stoßen. Dies nicht nur für die derzeit in ganz Deutschland an den Landgerichten und Oberlandesgerichten geführten Swap-Verfahren, sondern auch für möglicherweise weitere bevorstehende Rechtstreitigkeiten.

Im Hinblick auf das Ausscheiden des bisherigen Vorsitzenden des XI. Zivilsenats, Herrn Ulrich Wiechers, zum 31.10.2014 bleibt zudem abzuwarten, ob der Senat die Grundzüge seiner bisherigen Rechtsprechung beibehalten wird.

Mehr Informationen: http://www.roessner.de/sparkassen-und-swaps

Sollten Sie weitergehende Fragen haben oder Erläuterungen wünschen, wenden Sie sich bitte an:

Rössner Rechtsanwälte, Dr. Jochen Weck

Redwitzstr. 4, 81925 München
Tel.: 089 99 89 220
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