Deutsches Strafprozessrecht – Wiederaufnahmeverfahren, die letzte Chance auf Gerechtigkeit

/ 30.03.2022 / / 45

Dass unschuldige Menschen verurteilt werden, kommt leider gar nicht so selten vor. Ein Wiederaufnahmeverfahren ist häufig das letzte Rechtsmittel des deutschen Strafprozessrechts zum Angreifen eines rechtskräftig gewordenen Urteils. Etwa drei Prozent von ihnen sind von Erfolg beschieden. Das bedeutet, mindestens ein ebenso großer Anteil an rechtskräftigen Strafurteilen ist zu Unrecht ergangen. Um mit dem Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich zu sein, ist die Einschaltung eines Strafverteidigers, der sich auf dieses Rechtsmittel spezialisiert hat, dringend erforderlich.

Rechtsanwalt zu diesem Thema finden

Hier einen Rechtsanwalt zu diesem Thema finden

Verbraucherschutz.tv kooperiert deutschlandweit mit vielen kompetenten Rechtsanwälten auch aus Ihrer Region. Sie sind Anwalt und möchten hier veröffentlichen? Bitte Mail an usch@talking-text.de

Das A und O: sorgfältige Auswahl des Strafverteidigers

Das Wiederaufnahmeverfahren ermöglicht die Korrektur unrichtiger und infolge dessen ungerechter Urteile. Von großer Wichtigkeit ist, dass ein vertrauenswürdiger Rechtsanwalt beauftragt wird. Leider gibt es einige Juristen, die die Vertretung eines Mandanten allein im Hinblick auf ihr Gehalt übernehmen. Sie kennen sich oft mit diesem sehr speziellen Thema nicht aus, sodass ein Wiederaufnahmeverfahren bereits aus diesem Grund zum Scheitern verurteilt ist. Ein seriöser, erfahrener Strafverteidiger prüft zunächst die Erfolgsaussichten, bevor er das Rechtsmittel einlegt. Sollten die Chancen nicht realistisch sein, wird er seinem Mandanten davon abraten.

Bekannte Justizirrtümer im Laufe der letzten Jahrzehnte

Straftaten kommen in vielen Bereichen unseres Lebens vor. Zu den altbekannten Delikten zählen unter anderem Einbruchdiebstahl, Körperverletzung, fahrlässige Tötung und Mord. Im Zuge der Digitalisierung entstand die Cyberkriminalität – der Begriff steht für alle illegalen Handlungen im Computer- und Telekommunikationsbereich. Dazu gehören beispielsweise widerrechtliches Eindringen in Systeme sowie die Datenmanipulation.

Selbstverständlich müssen Straftäter bestraft werden, jedoch scheint der gerichtliche Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“, lateinisch: „in dubio pro reo“, nicht immer Justizirrtümer auszuschließen. Einige bekannte Fälle aus der deutschen Rechtsprechung, bei denen Unschuldige verurteilt wurden, haben wir nachstehend zusammengestellt.

 

  • 1926 – Josef Jakubowski wurde in Mecklenburg für einen Mord hingerichtet, den er nicht begangen hatte; zwei Jahre später legte der Täter ein Geständnis ab
  • 1958 – Verurteilung von Maria Rohrbach wegen Mordes an ihrem Ehegatten in einem Indizienprozess vor dem Landgericht Münster zu lebenslangem Zuchthaus; drei Jahre später wurde sie in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen
  • 1971 – Holger Gensmer wurden Mord sowie Unzucht mit einem Kind vorgeworfen, das Landgericht Hamburg verurteile ihn zu lebenslänglicher Haft; nach 16 Jahren Gefängnis wurde er in einem Wiederaufnahmeverfahren wegen erwiesener Unschuld nachträglich freigesprochen
  • 1984 – ein Polizist beschuldigte die Bundestagsabgeordnete Gabriele Gottwald wegen Beleidigung, sie wurde verurteilt; erst im Jahr 2008 gestand dieser sein Vergehen der Falschbeschuldigung ein
  • 1995 – acht Jahre lang saß Donald Stellwag wegen eines Bankraubes mit Geiselnahme hinter Gittern; Grund für die falsche Verurteilung war ein fehlerhaftes anthropologisches Vergleichsgutachten; nach Verbüßung der gesamten Haftstrafe fassten die Behörden den wahren Täter, er legte ein Geständnis ab
  • 2002 – das Landgericht Dortmund verurteilte Thomas Ewers wegen Vergewaltigung seiner Ex-Freundin zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren und acht Monaten; das vermeintliche Opfer gab kurze Zeit nach dessen Absitzen der Haftzeit zu, dass sie die Tat frei erfunden habe
  • 2018 – der Syrer Amed A. wurde mit einem Afrikaner verwechselt und saß deshalb mehr als zwei Monate in Haft; durch einen Zellenbrand, bei dem er verstarb, stellte man seine Unschuld fest; darüber hinaus wurde bekannt, dass er durch eine Zahlung von 285 Euro hätte freikommen können, dies wurde ihm vermutlich niemals mitgeteilt

Was kann durch ein Wiederaufnahmeverfahren erreicht werden?

Entspricht das Gericht dem Antrag auf Wiederaufnahme, wird das Verfahren unter Berücksichtigung des Wiederaufnahmegrundes neu verhandelt. Erfolgt diese zugunsten des Verurteilten, richtet sie sich auf die Milderung der rechtskräftig ergangenen Strafe. Erreicht werden können unter anderem günstigere Maßregelentscheidungen, die Einstellung des Verfahrens oder sogar der Freispruch. Das Wiederaufnahmeverfahren unterliegt keinen Fristen, auch das Recht dazu kann nicht verwirkt werden.

Gründe für die Wiederaufnahme

Die Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens sind in § 359 Strafprozessordung (StPO) geregelt. Zulässig ist sie zum Beispiel, wenn eine in der Hauptverhandlung vorgelegte „echte“ Urkunde unecht oder verfälscht war. Gleiches gilt, wenn beim betreffenden Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Bezug auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat (eine Ausnahme besteht, sollte der Verurteilte diese selbst veranlasst haben).

Können wir Ihnen helfen?

Hier ein Ticket eröffnen, durch die Eröffnung eines Tickets entstehen Ihnen keinerlei Kosten

Weiterhin kann ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt werden, wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches sich das Strafurteil begründet, durch ein anderes, rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist. Gleiches gilt, sollte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle feststellen und das entsprechende Urteil auf dieser Verletzung beruhen.

Alternative Text
Kommentare / Anzahl der Kommentare: bisher keine
Kategorien: Verbraucherschutz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.
Sie wollen einen Backlink posten? Gerne mache ich Ihnen ein Angebot dazu (info@verbraucherschutz.tv).

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Angst? - hier klicken oder Hier 1. Hilfe anfordern.

Jetzt Beschwerdebrief aufsetzen!

Wir unterstützen sie in Ihrem Anliegen mit der Formulierung eines Beschwerdebriefes.

Hier mehr erfahren

Tickets für schnelle Hilfe

Jetzt mit unserem Ticketsystem Kontakt aufnehmen. Wir informieren Sie darüber, was in Ihrem Fall zu tun ist. Wir geben keinen Rechtsrat, sondern helfen Ihnen, die Krisensituation richtig einzuschätzen und die richtigen Schritte einzuleiten.


Für Anwälte

Interessierte Kooperationsanwälte senden ein Mail an info@verbraucherschutz.tv

Tel.: 0800 000 1961